Bereits 1994 hat die Berliner Geschichtswerkstatt e.V. (BGW) das Projekt „Vergessene Lager, vergessene Opfer“ gestartet, das sich der Geschichte der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus widmete. In den folgenden Jahren hat der Verein Kontakte zu zahlreichen ehemaligen ZwangsarbeiterInnen aus der Tschechoslowakei, der Ukraine und Polen geknüpft und Begegnungen mit ihnen organisiert. Ausstellungen und Bücher zum Thema Zwangsarbeit waren die Ergebnisse. Die BGW war zudem maßgeblich an der Entstehung des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit in Berlin beteiligt.

Als im Laufe der Debatte um die Entschädigung ehemaliger ZwangsarbeiterInnen bekannt wurde, dass die Robert Bosch GmbH in einer Tarnfabrik in der Nähe von Berlin auch KZ-Häftlinge eingesetzt hat, begannen wir (Angela Martin, Historikerin und Journalistin, und Ewa Czerwiakowski, Publizistin und Übersetzerin) 2000 im Rahmen eines neuen Projektes der BGW zu recherchieren. Die Dreilinden Maschinenbau GmbH (DLMG) in Kleinmachnow bei Berlin war das erste Ausweichwerk, das Bosch auf Weisung der nationalsozialistischen Regierung errichtete. Bis zu 5.000 Menschen mussten hier Zubehör für Flugzeugmotoren fertigen. Mehr als die Hälfte der Belegschaft waren ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangene und weibliche KZ-Häftlinge. Für die 800 Frauen aus dem KZ Ravensbrück – die meisten von ihnen kamen aus Polen – richtete die Bosch-Tochtergesellschaft in einer der Werkshallen ein Konzentrationslager ein.

Mit der Zeit gelang es uns, mehr als 50 ehemalige KZ-Häftlinge in Polen ausfindig zu machen und mit fast allen von ihnen zu sprechen. Auszüge aus ihren Berichten sind in das zweisprachigen Buch von Angela Martin „Ich sah den Namen Bosch“ – Polnische Frauen als KZ-Häftlinge in der Dreilinden Maschinenbau GmbH eingeflossen, das erstmals die Firmengeschichte der DLMG darstellt und 2002 im Metropol-Verlag Berlin erschienen ist. Im zweiten Band Muster des Erinnerns (Metropol-Verlag 2005, in polnischer Sprache 2003, hrsg. von E. Czerwiakowski und A. Martin) publizierten wir weitere Zeitzeugenberichte. Später gelang es uns, die Ergebnisse der Arbeit in Ausstellungen in Kleinmachnow, Berlin und Warschau zu präsentieren.

Schon damals wussten wir, dass Bosch in Hildesheim ein weiteres Ausweichwerk gegründet hatte, die Elektro- und Feinmechanische Industrie GmbH (ELFI), die 1942 in Trillke-Werke GmbH umbenannt wurde. Auch diese Tarnfabrik war unter strengster Geheimhaltung errichtet worden; Auftraggeber war das Oberkommando des Heeres.

InterviewNach ersten Archivrecherchen über das Hildesheimer Werk konnten wir in den Jahren 2007 und 2008 zu fast 30 ehemaligen ZwangsarbeiterInnen von ELFI/Trillke aus Polen und der Ukraine Kontakt aufnehmen. Einige von ihnen haben wir mit Kamera und Mikrofon interviewt.

Insgesamt hat ELFI/Trillke während des Zweiten Weltkrieges mehr als 2.700 ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangene und italienische Militärinternierte eingesetzt. Sie mussten Zubehör für Panzermotoren und für Motoren schwerer LKWs der Wehrmacht fertigen.

Woher kamen sie? Wie waren sie untergebracht, wie haben sie gelebt? Und was geschah mit ihnen nach dem Ende des Krieges?

Neun ehemalige ZwangsarbeiterInnen der Trillke Werke kommen auf dieser Webseite zu Wort. In Kurzbiographien skizzieren wir ihre Lebensläufe. Viele von ihnen haben uns auch Privatfotos und Dokumente überlassen. Sechs weitere ZeitzeugInnen haben unsere Fragen in Briefen beantwortet.

Den historischen Rahmen für ihre Erinnerungen bildet ein Infotext, der anhand zahlreicher Fotos und Dokumente das System NS-Zwangsarbeit und die Behandlung der AusländerInnen bei Trillke darstellt. Unser Fazit: Die Zwangsarbeit im Hildesheimer Wald war ein typisches Beispiel für den „Ausländereinsatz“ der Rüstungsindustrie im NS-Staat.

Ein weiterer Beitrag mit zahlreichen bisher unveröffentlichten Fotos und Plänen schildert die Geschichte der ELFI/Trillke-Werke GmbH: die schwierigen Verhandlungen über den Standort der „Schattenfabrik“, die großen Probleme bei der Suche nach Arbeitskräften und den steilen Aufstieg des Unternehmens zum alleinigen Hersteller von Starterelementen für die Panzer des deutschen Heeres. „Ohne Trillke wäre der Krieg vielleicht früher zu Ende gewesen“, urteilt Johannes Bähr, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Frankfurt am Main und Mitautor des Standardwerks über den Bosch-Konzern, in einem Interview.

Schließlich geben wir Einblicke darin, wie die Deutschen in Hildesheim den ZwangsarbeiterInnen begegneten und wie diese umgekehrt die Stadt sahen.

Alle Texte der Seite stehen in einer Materialbox als pdf-Dateien zum Download bereit.

Über zusätzliche Informationen, Hinweise und Dokumente freuen wir uns sehr. Sie erreichen uns unter info@zwangsarbeit-bosch.de.