denisowa

„Ohne zu prahlen möchte ich sagen, dass ich immer noch Beziehungen zu Deutschland habe. Die Briefe lese ich manchmal Bekannten vor, und die sagen ‚du hast gute Freunde‛.“


Maria Antonovna Denisova, geb. Us, wurde am 26. März 1926 in Charkow (damals Sowjetunion) geboren. Sie hatte drei Schwestern und zwei Brüder. Ihre Mutter war Hausfrau, der Vater versuchte während des Krieges, die Familie mit Tauschgeschäften durchzubringen. 1942 starb er.

Als die deutsche Wehrmacht 1941 die Sowjetunion überfiel, war Maria Antonovna 15 Jahre alt und hatte gerade die siebte Klasse beendet. Zahlreiche BewohnerInnen Charkows wurden nun zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert, auch eine Schwester von Maria Antonovna. Um diesem Schicksal zu entgehen, nahm sie eine Arbeit in einer Metallfabrik auf. Im Frühjahr 1942, als die Rote Armee versuchte, die Stadt zu befreien, verstärkten die Deutschen die Jagd auf Jugendliche, um sie zur Arbeit nach Deutschland zu bringen. Maria Antonovna wurde am 17. Mai 1942 von der Straße weg festgenommen. Es gelang ihr zu fliehen. Doch dann stellte sie sich, weil sonst ihre Mutter verschleppt worden wäre.

Von Juli 1942 bis Mai 1943 musste Maria Antonovna bei Telefunken/Osram in Berlin arbeiten. Nach einem Bombenangriff auf das Lager, in dem sie untergebracht war, wurde sie zu ihrer Schwester nach Hildesheim verlegt, wo sie vom 15. Mai 1943 bis zur Befreiung Zwangsarbeit für die Trillke-Werke GmbH leisten musste.

Nach Kriegsende kehrte sie zusammen mit ihrer Schwester über Berlin, Brest-Litowsk und Kiew nach Charkow zurück, das sie am 11. Juni 1945 erreichte. Schon am nächsten Tag begann sie in der neu gegründeten Fabrik Porschen zu arbeiten; dort blieb sie bis zu ihrer Verrentung 1977 und stieg bis zum Rang einer Wirtschaftsingenieurin auf. Sie heiratete und bekam zwei Kinder. Sie lebt als Witwe in einem Vorort von Charkiw.

Filmausschnitte

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Interview am 24. Juni 2008 bei Charkiw; Interviewführung: Dmitri Stratievski und Angela Martin, Kamera: Hanna Sjöberg; Übersetzung Raissa Sadowski. Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit/Sammlung Berliner Geschichtswerkstatt