Um sie besser kontrollieren zu können und von den Deutschen zu isolieren, brachte man vor allem die osteuropäischen ZwangsarbeiterInnen nach Möglichkeit in Sammelunterkünften unter: in Barackenlagern, in Festsälen von Gaststätten oder in Turnhallen, mitunter auch in Keller- oder Lagerräumen. Repressive Bestimmungen sollten die Kontakte zwischen Deutschen und ZwangsarbeiterInnen außerhalb der Arbeitszeiten unterbinden.

In der Presse wurden oft Verhaltensregeln für Deutsche gegenüber Polinnen und Polen veröffentlicht.
Amstettner Anzeiger vom 18.4.1943
ZwangsarbeiterInnen aus der Sowjetunion mussten in „Ostarbeiterunterkünften“ wohnen, die bis 1942 durch Stacheldrahtzäune besonders gesichert waren. Oft waren die Baracken der „Ostarbeiter“ so überbelegt, dass sich Ungeziefer und Krankheiten besonders schnell ausbreiten konnten.
Die Lager der „Westarbeiter“ waren in der Regel besser ausgestattet, sowohl was die sanitären Anlagen wie auch Mobiliar, Decken und Wäsche betraf. ArbeiterInnen aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien oder Dänemark sowie aus verbündeten Ländern durften sich teilweise Unterkünfte bei privaten VermieterInnen suchen.

Wohnheim von ELFI, 24.4.1942
Boscharchiv Hildesheim, A3_ B1032
Auch ELFI/Trillke brachte die ZwangsarbeiterInnen in Barackenlagern unter. Am 28. Juli 1943 meldete das Unternehmen dem Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim, „dass wir auf unserem Werkgelände 2 Wohnlager mit einer Gesamt-Belegungsmöglichkeit für etwa 1300 Arbeitskräfte errichtet haben. Derzeitige Belegungsstärke: ca. 1000 Arb.Kräfte.“ Für die Einhaltung der Lagerordnung war der Leiter des Werkschutzes zuständig, der bereits erwähnte Stein.
Aus einem Kontrollbericht des Gewerbeaufsichtsamtes vom Mai 1944 geht hervor, dass sich die Lager der Trillke-Werke „in einer sauberen und ordentlichen Verfassung befanden“. Die polnischen ZwangsarbeiterInnen hingegen kritisierten ihre Unterbringung. Einige waren anfangs in einem „Wohnheim“ auf dem Fabrikgelände untergebracht, das einhellig gelobt wurde. Dann mussten sie in dürftig ausgestattete Holzbaracken neben dem Werksgelände ziehen. Die ehemalige Zwangsarbeiterin Helena Bednarska aus Polen hat dieses Lager folgendermaßen beschrieben:
„Das Lagergelände war mit einem Drahtmaschenzaun abgegrenzt. Die Baracken waren ganz gewöhnlich aus Holz. In einer Baracke gab es zehn Stuben, jede für 16 Personen. Von uns Polinnen gab es 160 an der Zahl. Ein bisschen weiter standen Baracken für Russinnen, sie waren etwa 250. Dann eine Baracke für etwa 60 Männer. Es gab auch eine Kantine für die Polen und eine für die Russen. (…) Darüber hinaus gab es dort noch die Baracken der Firma Mölders, in denen Männer wohnten. In unserem Lager lagen die Toiletten sehr weit weg.“
1944 ließ der Betrieb etwa einen Kilometer vom Werk entfernt in der Nähe von Sorsum weitere Baracken bauen. „Sie waren gemauert, mit Stuben für zehn Personen“, so Helena Bednarska. „Wir Polinnen wurden dahin versetzt. Unsere Baracke war die erste.“ Irena Matuszak fand das neue Lager schrecklich: „Betonfußboden, Betonwände, kalt, feucht, scheußlich“, urteilte die ehemalige Zwangsarbeiterin.

Splittersicherer Postenunterstand für deutsche Wachmänner, 1941
Bosch Archiv Hildesheim, ELFI_Album4_1939-40
Das Barackenlager bei Sorsum hatte keine Luftschutzanlagen; bei Luftangriffen flüchteten die ZwangsarbeiterInnen in den Wald. Auf dem Werksgelände gab es Splittergräben, in der Fabrik selbst dienten Keller als Luftschutzräume. Irena Matuszak berichtete auch von einem Bunker:
„Wenn der Alarm kam, wussten wir es schon, denn in der Halle gab es rote und gelbe Lämpchen. Wenn das Licht pulsierte, wussten wir: Voralarm. Es gab einen Luftschutzbunker. Da war ein großer Berg, und an dessen Fuß war der Bunker gebaut. Fast am Ende des Geländes. Auf der einen Seite saßen die Ausländer, auf der anderen die Deutschen. Dieser Bunker war noch nicht fertig, und wenn wir dort länger hätten sitzen müssen, wären wir erstickt, denn es gab dort keine Lüftung. Alles drängte sich also nach vorne, wo es mehr Luft gab. Diesen Bunker hätte keine Bombe zerstört.“

Polnische Frauen in der „Stube“ ihrer Baracke
Foto: privat; Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit/Sammlung Berliner Geschichtswerkstatt
Die „Stuben“ in den Baracken waren mit doppelstöckigen Holzpritschen, einem Tisch, Stühlen und Spinden sowie einem Ofen ausgestattet. Im Winter litten die ZwangsarbeiterInnen unter der Kälte, denn sie erhielten viel zu wenig Brennstoff zum Heizen. Die hygienischen Bedingungen waren schlecht: Es gab nur einen Eimer und eine Schüssel zum Waschen, aber kein fließendes Wasser; die Toiletten waren weit entfernt. Ungeziefer wie Wanzen, Flöhe und Läuse breiteten sich aus und damit auch Krankheiten.
Für die Kinder, die die Zwangsarbeiterinnen mitgebracht hatten, richtete das Bosch-Tochterunternehmen eine „Kinderstube“ ein. Einige Frauen wurden abgestellt, um die jüngeren Kinder zu beaufsichtigen. Ab zehn Jahren galt Arbeitspflicht.
Die Verpflegung der AusländerInnen wurde der nationalsozialistischen Rassenideologie entsprechend gestaffelt. „Westarbeiter“ erhielten besseres Essen als die ArbeiterInnen aus Polen. Die Lebensmittelzuteilungen für die sowjetischen ArbeiterInnen und die italienischen Militärinternierten waren sehr gering und so schlecht, dass diese Menschen Abfälle aßen und sogar von den unterernährten Polinnen manchmal Brot zugesteckt bekamen. Auch bei Trillke selbst räumte man ein, dass die Verpflegung der „Ostarbeiter“ äußerst knapp sei: „Wir haben fast täglich Fälle, dass durchaus arbeitswillige Ukrainer an der Maschine ohnmächtig zusammenbrechen.“
ZwangsarbeiterInnen, die erkrankten, konnten sich auf dem Firmengelände von einer Ärztin behandeln lassen. Wenn es notwendig war, wurden sie auch in ein Krankenhaus in der Stadt eingewiesen, wo man sie in der Regel korrekt behandelte und mit Medikamenten versorgte.

Die Kirche St. Kunibert in Sorsum, wahrscheinlich 1944 / 2014
Foto li: privat; Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit/Sammlung Berliner Geschichtswerkstatt. Foto re: privat
Einmal im Monat war der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes ein Höhepunkt für die polnischen ZwangsarbeiterInnen. Sie besuchten die katholischen Kirchen in Sorsum und Marienrode. In einer Chronik der Pfarrgemeinde Marienrode aus dem Jahr 1942 heißt es: „Am 3. Mai wurde um 11 Uhr eine geschlossene hl. Messe für die polnischen Zivilarbeiter gelesen. Diese war nur an dem ersten Sonntag im Monat erlaubt und wurde auch in der Folgezeit regelmäßig gehalten.“

Weihnachtsfest polnischer Zwangsarbeiterinnen
Foto: privat; Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit/Sammlung Berliner Geschichtswerkstatt
Auch die christlichen Festtage feierten die polnischen ZwangsarbeiterInnen. Viele Zeitzeuginnen erinnerten sich an Weihnachtsfeste in der Stube, wo sie Tannenzweige mit Metallspänen geschmückt hatten.
Mehrere polnische Zeitzeuginnen berichteten von Ausflügen nach Hildesheim. Wenn sie den Bus zur Stadt benutzen wollten – was ihnen ausdrücklich verboten war –, entfernten sie ihre Abzeichen mit dem Buchstaben „P“. Dieses Abzeichen, das sie ausgrenzen und als „minderwertig“ markieren sollte, mussten während des Krieges alle Polinnen und Polen in Deutschland tragen.

Ungeachtet der Verbote ließen sich viele Zwangsarbeiterinnen in einem Fotostudio in Hildesheim ablichten.
Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit/Sammlung Berliner Geschichtswerkstatt
Auch der Besuch eines Kinos, einer Gaststätte oder eines Friseurs war den polnischen ArbeiterInnen verboten. Die Hildesheimer Stadtverwaltung untersagte ihnen zudem an Wochentagen von 17 bis 21 Uhr sowie sonntags „das Begehen des Hauptstraßenzuges Bernwardstraße – Almsstraße – Hoher Weg – Altpetristraße“. Auch in den städtischen Anlagen, im Steinberg und im Hildesheimer Wald, auf dem Friedhof und in Kleingartenanlagen durften sie sich in der Zeit von 12 bis 21 Uhr nicht aufhalten.
Besser ging es den ArbeiterInnen aus den westeuropäischen Ländern. Zum einen durften sie sich außerhalb der Arbeitszeiten frei bewegen, zum anderen bemühte sich ELFI/Trillke, den „Westarbeitern“ ein Mindestmaß an Unterhaltung in der Freizeit zu ermöglichen. Dabei arbeitete die Firma mit der NS-Organisation Deutsche Arbeitsfront zusammen.